Amazon auf Wolke 7: 356 Milliarden schwerer Onlinehändler

Amazon Air, nur einer von vielen Dienstleistungen des US-Konzerns Amazons.

Amazon ist seit einiger Zeit ein regelrechtes Wachstumsmonster. Innerhalb von zehn Jahren ist der Wert des Internet-Konzerns um 1.934 Prozent auf 355,9 Milliarden US-Dollar gestiegen. Zum Vergleich: Der Marktwert der großen konkurrierenden lokalen Händler in den USA betrug Ende 2016 zusammen 297,8 Milliarden US-Dollar. Eine Grafik zeigt die enormen Verluste von BestBuy, Macy´s, Walmart und Co.

Während eines Gesprächs auf der Dachterrasse des TUP-Campus fragte ich Mathias Thomas, Geschäftsführer des E-Commerce-Spezialisten gaxsys, was denn Amazon so viel besser macht, als der klassische stationäre Händler? Mathias zeigte mir kurzerhand eine Grafik auf dem Smartphone und ich wusste: Der lokale Handel benötigt eine Strategie.

Amazon ist mehr Wert, als der gesamte Einzelhandel der USA.

Amazon: ersten Marktwert mehr als verhundertfacht

Nicht nur, weil die vier GAFA-Unternehmen den digitalen Markt inklusive dem E-Commerce beherrschen und verändern können, wie es ihnen gerade gefällt. Ihre Spielregeln setzen mittlerweile auch den großen stationären Handelsketten zu. Besonders Amazon ist dabei, nicht negativ, hervorzuheben. Das Unternehmen schrieb vor knapp zwei Jahren noch Verluste und wurde vom Handel in der Breite eher belächelt, als wirklich ernst genommen. Die Konsequenz: Warenhausbetreiber wie Macy´s mit über 800 Filialen in den USA verbuchte 2016 einen Rückgang seines Marktwertes um über 50 Prozent von 24.2 Milliarden auf elf Milliarden US-Dollar. Noch schlimmer traf es die Kette Sears. Der Marktwert brach um 96 Prozent von 27,8 Milliarden auf 1,1 Milliarden US-Dollar ein. Da halfen auch die Schließungen von insgesamt 2.300 Geschäften in den Jahren 2011 bis 2014 nicht.

Ach ja, Amazon verbuchte im selben Zeitraum einen Marktwert von 355,9 Milliarden US-Dollar. Interessanter wird es, wenn man den Marktwert Amazons aus dem Jahr 1998 heranzieht. So schrieb der Informationsdienstleister Bloomberg damals: „Der amerikanische Online-Buchartikelverkäufer Amazon.com sorgt für weitere Furore. So liege der Marktwert des Unternehmens bei 2,31 Milliarden US-Dollar und somit nur geringfügig niedriger als der des Branchenriesen Barnes & Noble Inc. (2,38 Milliarden)“, berichtete damals Bloomberg. Zur Erinnerung 1998 wurde die Seite Telebuch.de in Amazon.de unbenannt und Amazon startete somit die Internationalisierung – und wie wir alle wissen, eine internationale Erfolgsstory.

Servicegrad, Servicegrad, Servicegrad

Aber was macht Amazon im Gegensatz zur Konkurrenz und zum stationären Handel besser? „Der Online-Primus verfolgt knallhart das Motto: All for Consumers beziehungsweise dort den Einkauf ermöglichen, wo immer der Kunde ist. Dank Smartphone und den dazugehörigen Apps heutzutage überhaupt kein Akt mehr; zumindest wenn der Wille vorhanden ist“, bringt es Mathias Thomas auf den Punkt. „Kontinuierlich arbeitet Gründer Jeff Bezos an der technischen und logistischen Überlegenheit. Außerdem reinvestiert Amazon Gewinne sofort wieder zurück ins Unternehmen. Expansionen werden nicht gescheut, sie werden förmlich gesucht.“

Amazon erhöhte in den letzten Jahren zudem den hauseigenen Servicegrad um ein Vielfaches. Der Pure Player schreibt der Konkurrenz sozusagen den Hausaufgabenzettel: schnelle Lieferung, große Auswahl an Produkten, massenhaft Produktinformationen, einkaufen via PC, Smartphone und Tablet, Premium-Features, Zusatzdienste wie Musik- und Film-Streaming, Web-Services (Cloud), große Werbeaktionen weltweit sowie problemlose Rückabwicklung der kostspieligen Retouren. Und jetzt auch noch das: Amazon nistet sich mit dem Dienst Prime Now in die Supermärkte ums Eck ein. Der Einkauf soll so in weniger als einer Stunde beim Kunden sein – Same Day Delivery war gestern. Und wie reagiert der stationäre Handel hierzulande? Karstadt beispielsweise will sich mit internationalen Partnern in Zukunft attraktiver aufstellen und die hauseigenen Verkaufsflächen besser nutzen. Geht es nach Karstadt, soll speziell der internationale Onlinehandel angesprochen werden; wie Mathias Thomas findet, ein Witz. Seiner Meinung nach, funktioniert eine Händlerintegration generell anders – beispielsweise mit dem gax-System.

„Konzentriert man sich wieder ausschließlich auf lokale Verkaufsflächen, so wird der Omni-Channel zweifelsohne zu Grabe getragen. Dieser setzt ja nicht nur voraus, dass verschiedene Kanäle miteinander verknüpft, vielmehr können diese auch kombiniert werden. Eine weitere Errungenschaft: Sortiment, Marketing sowie Off- und Online-Kanäle sind zentral konfigurierbar. Das sehe ich beispielsweise bei Karstadt nicht. Dennoch, richtig ist, dass die Logistik in die Innenstadt verlegt werden muss“, definiert Thomas. „Nur so entwickeln sich Servicegrade wie Lieferung, Beratung, Retoure tatsächlich kundenfreundlich und noch viel wichtiger kundennah. Kundennähe bedeuten nämlich auch, frühzeitig mögliche Trends und Kundenbedürfnisse zu erkennen.“

Teaserbild: Amazon One
Grafik: Visual Capitalist