Kundendaten im Handel: das Genom des Erfolgs

E-Commerce der Zukunft: Die richtigen Information zur richtigen Zeit bezogen zum richtigen Kunden.

Ausgewertete Kundendaten helfen dem Handel, die Vorlieben des Kunden zu kennen und ihm darauf aufbauend individuelle Angebote zu unterbreiten. Das verspricht zumindest eine aktuelle Roland-Berger-Studie. Kernaussage: Die 360-Grad-Perspektive ist der einzige Weg, den Kunden von heute vollkommen zu erfassen und seine Wünsche auch tatsächlich zu erfüllen.

Die neue Roland-Berger-Studie liest sich zu Anfang wie ein medizinisches Fachblatt. „Im Kopf des Kunden – durch die Entschlüsselung des digitalen Kundengenoms kann der Handel erfolgreich individualisiert werden.“ Dabei baut die Studie auf die sogenannten ’The Big 3’ auf, die allesamt das Social-Media-Segment tangieren. Weitere ’Big´s’ folgen am Ende des Artikels.

  • 700 Millionen Datenpunkte (detaillierte und personalisierte Informationen) haben die deutschen Facebook-Nutzer bereits über ihr Like-Verhalten generiert.

 

  • 300 Likes auf Facebook stehen nach einem computerbasierten Modell für den total transparenten Kunden.

 

  • Die bereits erwähnte 360-Grad-Perspektive; das eigentliche Zusammentragen aus allen möglichen Quellen, um auf alle Individualitäten des Kunden vorbereitet zu sein.

 

Die Grundidee des digitalen Genoms aus dem Hause Roland Berger.

Kundentracking im E-Commerce wichtigstes Tool

Das Tracking des Kunden ist laut Studie zum wichtigsten Werkzeug des Onlinehandels geworden. So kommt der Erfolg von Online-Handelsgiganten nicht von ungefähr: Sie wissen genau, wie der Kunde denkt, agiert und konsumiert. Dadurch sind sie in der Lage, Angebote zu unterbreiten, die auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse zugeschnitten sind – inklusive frühzeitiger Produktempfehlungen, noch bevor der Kunde sich seiner Konsumwünsche überhaupt selbst bewusst ist. „Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sollten daher sowohl Händler mit stationären Wurzeln als auch E-Commerce-Anbieter das ’digitale Genom’ ihrer Kunden entschlüsseln“, so die Autoren der Studie. Thorsten de Boer, Partner von Roland Berger, fordert von den Händlern, egal ob online oder offline, sogar mehr Engagement: „Wer bereit ist, sich auf die digitale Transformation im E-Commerce-Zeitalter einzulassen, kann in einzigartiger Weise von ihr profitieren.“ „Wer dagegen zögert oder sich dieser Transformation ganz verweigert, riskiert, den Anschluss zu verpassen, und wird mittelfristig nicht am Markt bestehen können.“

Immer mehr Offline-Nutzer wandern ab ins Netz - eine Rückkehr mittels Händlerintegration ist sehr aufwendig.

Wir müssen dem stationären Handel Wege aufzeigen, die Digitalisierung nicht völlig zu verschlafen. Die individuelle Klasse des jeweiligen Point of Sale ist die eine Seite der Medaille, die andere muss die Bereitschaft sein, Kooperationen mit bereits bestehenden und breit aufgestellten Anbietern einzugehen – beispielsweise mit Zalando oder ähnlichen Internet-Pure-Playern.

Mathias Thomas, CEO gaxsys GmbH

Kundengenom: der digitale Fingerabdruck des Kunden

Keine Frage, durch die Digitalisierung werden Einkaufserlebnisse stärker personalisiert und individueller und somit attraktiver für den Kunden. Basis für solche Angebote ist nach eigenen Angaben das digitale Kundengenom: Nicht nur aus der Historie von Käufen, Suchvorgängen und der Bewertung von Artikeln lässt sich das Kaufverhalten des Kunden vorhersagen. Auch andere Online-Daten ermöglichen sehr präzise und individualisierte Vorhersagen über das, was Verbraucher in Zukunft kaufen werden. Dabei bieten sich vor allem die sozialen Medien als Quelle an. Rund 700 Millionen Datenpunkte haben laut Studie die deutschen Facebook-Nutzer bereits über ihr Like-Verhalten hinterlassen. Dazu kommen pro Monat rund fünf Milliarden Website-Besuche, die in Browser-Verläufen gespeichert werden. Jeder von uns hinterlässt auf diese Weise freiwillig seinen digitalen Fingerabdruck und verrät viel über seine Bedürfnisse. Es gilt: Jeder Klick im Netz, jeder Like bei Facebook, jedes Foto bei Instagram sind kleine Bausteine eines Informationsmosaiks, das ein Händler von seinem Kunden erstellen kann, um dichter an ihn heranzurücken und ihm individualisierte Angebote zu unterbreiten.

Amazons Kennzahlen sprengen jedes Jahr alle Rekorde. Der stationäre Handel ist gewarnt.
Nicht zu vergessen, die anderen ’Big´s’: Amazon, Microsoft, Apple, Samsung und Google haben nicht nur ihr jeweils eigenes Ökosystem geschaffen, sie alle sammeln über unterschiedliche Dienste sensible Nutzerdaten und bieten eigene E-Commerce-Plattformen sowie Bezahldienste an. Und Teile dieser Ökosysteme dürfen sogar von außen angezapft beziehungsweise genutzt werden (Marktplätze, App-Stores und Suchmaschinen/SEO).

Multi- und Omni-Channel: Stationärer Handel muss endlich reagieren

Das digitale Einkaufserlebnis ist stationär betrachtet sogar noch intensiver und sollte ebenso berücksichtigt werden. Es gilt: Reine lokale Point of Sales werden es in Zukunft sehr schwer haben zu bestehen. Lösungen wie Multi-Channel beziehungsweise Omni-Channel sollten daher in der lokalen Strategie mitberücksichtigt werden. Nur so lassen sich die, wie oben beschrieben, Kundeninformationen zusammentragen und noch wichtiger; mit dem eigenen Shop verknüpfen. Zudem sollte der Händler die vielen Möglichkeiten, die diese Art Channel-Verknüpfung mit sich bringt, dem Kunden als Mehrwert aufzeigen. „Dazu zählen beispielsweise eine Terminreservierung, die mit dem Online-Shop verknüpft ist, Deliver to Store und Reserve to Store, die kanalübergreifende Retoure sowie gemischte Warenkörbe (online sowie offline)“, so der LocationInsider.

Teaserbild: Varun s / CC BY-SA 4.0

Bild: Grundidee des Genoms – Roland-Berger-Studie