E-Food: 20 Milliarden Euro für den Lebensmittel-Handel

Auch online werden mittlerweile Lebensmittel gehandelt.

Lebensmittel-Einkäufe digital und zudem bequem von der heimischen Couch erledigen: Was sich in England als E-Food bereits erfolgreich am Markt etabliert hat, steckt hierzulande noch in den Kinderschuhen. Doch laut einer Studie birgt der Onlinehandel in Deutschland mit Lebensmitteln enormes Potential. Die Rede ist von einem Jahresumsatz von 20 Milliarden Euro.

Lebensmittel ist die in Deutschland am häufigsten verkaufte Produktgruppe. Ebenso ist sie die letzte Bastion, die noch nicht komplett der digitalen Welt zum “Opfer“ gefallen ist. Während Schuhe, Bücher, Eintrittskarten für Konzerte oder Urlaubsreisen über den virtuellen Warenkorb geordert werden, wandern Tomaten, Eier, Milch und Co. derzeit noch bevorzugt in den realen Einkaufskorb. Ein entscheidender Punkt, warum das hiesige Lebensmittel-Segment im Jahr 2014 einen Gesamtumsatz von 175 Milliarden Euro verbuchte. Der Anteil der online gekauften Lebensmittel lag dagegen gerade einmal bei 0,5 Milliarden Euro.

Laut der Studie „Cross Channel – Revolution im Lebensmittelhandel“ der Wirtschaftsprüfgesellschaft Ernst & Young wird der Handel mit Lebensmitteln im Netz nun aber einen Boom erleben: Bis 2020 soll der jährliche Online-Umsatz auf 20 Milliarden Euro steigen. Meines Erachtens eine gewaltige Prognose.

Die Zukunft liegt im Cross-Channel

Dass es bereits funktioniert, zeigen unsere Nachbarn in Großbritannien: Im europäischen Vergleich nimmt das E-Food-Segment im Land der Queen mit einem Marktanteil von 67 Prozent und einem jährlichen Umsatz von 10,4 Milliarden Euro die Poleposition ein. Prinzipiell sind auch wir Deutschen dem Onlinebestellen von Lebensmitteln nicht abgeneigt. So haben die meisten von ihnen bestimmt schon einmal eine Pizza online bestellt. Wenn es allerdings um die Online-Bestellung von oben erwähnten Lebensmitteln geht, werden Notebook, Tablet und das Smartphone noch sehr zögerlich benutzt. Dennoch: „Die Zukunft des deutschen Lebensmittelhandels liegt im Cross-Channel. Sprich, der Kunde kann sich online zu jeder Tages- und Nachtzeit über das Angebot informieren und eine Bestellung tätigen. Den bestellten Einkauf muss er dann nur noch im Laden oder bei einer entsprechenden Abholstation abholen“, prognostiziert Philipp Kannenberg, Geschäftsleitung Sales bei der gaxsys GmbH. „Zudem darf der Kunde seine Bestellung direkt zu Hause entgegennehmen. Einige Lebensmittelhändler haben sich bereits auf diese Bequemlichkeit der Kunden eingestellt und bieten, zum stationären Handel, auch die Option E-Food direkt nach Hause.“

Mehr und mehr wird klar: Es geht um die Wurst und das nicht nur im sprichwörtlichen Sinne. Denn die Generation Smartphone, die inzwischen alles via Handy regelt, organisiert und einkauft, wird in Zukunft auch Lebensmittel im Onlineshop ordern. Dr. Wolf Wagner, Partner und Handelsexperte bei Ernst & Young, sieht noch weitere Zielgruppen, die die Vorzüge der Virtualität zu schätzen wissen. „Familien mit zwei erwerbstätigen Elternteilen sind schon aus reiner Zeitnot bereit, das Internet für ihre Einkäufe zu nutzen. Daneben haben wir eine Gruppe identifiziert, die ich als Gourmet-Shopper bezeichnen möchte. Sie sind kaufkräftig, lieben das Besondere, suchen im Internet nach Spezialitäten und haben längst ihre Vorbehalte gegenüber Online-Käufen von Lebensmitteln abgebaut.“

Wenn der Kühlschrank frische Milch bestellt

Immer zentraler wird auch das Thema Internet der Dinge diskutiert. Objekte sind mit dem Internet vernetzt und tauschen Informationen untereinander aus. Es gibt bereits Kühlschränke, die autonom erkennen, dass ein Produkt nachbestellt werden sollte. Ein junges Beispiel für die Verknüpfung von E-Food und dem Internet der Dinge ist der Amazon-Dash-Button.

Einmal bestellt, regelmäßig geliefert: Das Abo-Modell

Dass E-Food ein zunehmend ernstzunehmender Markt ist, zeigt neben den technischen Möglichkeiten auch die zunehmende Nachfrage nach sogenannten Abo-Modellen. Das ist meines Erachtens auch die komfortabelste Lösung, E-Food zu nutzen. Die Lebensmittel, die man regelmäßig verbraucht und deren Art oder Marke sich beim Verbraucher nicht ändern, werden in regelmäßigen Zeitintervallen bestellt und benötigen dabei nicht einmal einen Klick im virtuellen Shop – der Bestellzyklus samt Warenkorb wird im jeweiligen Online-Shop einfach dauerhaft hinterlegt. Wie ein solches Abo-Modell erfolgreich funktioniert, zeigt der Kochbox-Lieferdienst HelloFresh: Das Unternehmen verkündet steigende Millionen-Umsätze und plant den Börsengang.

Spätestens wenn die autonomen Kühlschränke für den Verbraucher erschwinglich sind und dieser Vertrauen in Lebensmittel aus dem Internet gefasst hat, wenn der Wochenmarkt nicht mehr die zentrale Anlaufstelle für den Familien-Einkauf ist, spätestens dann hat sich E-Food auch in Deutschland etabliert und die prognostizierten 20 Milliarden Euro sind tatsächlich greifbar.

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